"Die 39 Stufen"

(John Buchan, Alfred Hitchcock)

Theater Naumburg
Bühne und Kostüme: Anja Kreher
Darsteller: Kathrin Blüchert, Daniela Gießler, Holger Vandrich, Tobias Weishaupt
Premiere: 30. Oktober 2010

Richard Hannay ist auf der Doppel-Flucht vor Polizei und Verbrechern. In sein altes Leben kann er nicht zurück. Er muss seine Unschuld beweisen. Und stößt bei dieser Suche nach der (Er-)Lösung auf eine: schuldige Welt. Überall: Korruption, Angst, Fanatismus, falsche Moral, Habgier. Wem kann Hannay noch trauen? Warum sollte man ihm glauben? Eine Farce über Misstrauen und Lüge. Ein hysterischer Theater-Spaß mit der Überforderung von Illusionserzeugung.

"150 Rollen sollen es sein, aber wer hätte sie zählen können? So rasant und witzig ist die knapp zweistündige Fahrt durch den Krimi "Die 39 Stufen", den der Gastregisseur Martin Pfaff nach Alfred Hitchcocks gleichnamigem Film in Naumburg auf die Bühne gebracht hat.
Was man hingegen schnell überblickt: Ganze vier Schauspieler sind dort tätig, das komplette Ensemble: Kathrin Blüchert, Daniela Gießler, Tobias Weishaupt und Holger Vandrich. Eine fröhliche Form der (Selbst-)Ausbeutung findet hier statt, an der die Betroffenen mindestens genauso viel Spaß haben wie das Publikum, das nach der Premiere am Samstagabend reichlich Beifall gespendet hat.
So war es schon zu Beginn des Abends gewesen, als die Akteure für eine kleine Ewigkeit, wie es schien, stumm und erwartungsvoll in den Saal blickten. Eine hübsche, theatralische Zumutung: Wer hält das Schweigen länger aus? Die Zuschauer nicht. Sie klatschten, das Spiel sollte endlich beginnen. Und dann ging es auch atemlos zur Sache. (...) Martin Pfaff hat es gut gemacht, seine Truppe folgt ihm mit Vertrauen und Freude. Der Abend ist turbulent wie eine Boulevardkomödie, er hat Spannung und vor allem eine Idee: Die Schauspieler zeigen immer auch auf sich. Die Not, mit wenig Personal und einer sparsamen, aber sinnreichen Ausstattung (Anja Kreher) auszukommen, wird mit Höchstgewinn zur komödiantischen Tugend umgerubelt. Stets ist ein Augenzwinkern dabei - bis hin zu der köstlichen Szene, in der zwei der vier Darsteller, gerade noch am Kulissenschieben, die Eile der beiden anderen, durch eben jene Tür auf die Szene treten zu wollen, ironisch zurückweisen."
(Mitteldeutsche Zeitung)

"Das Stück beginnt mit einem Spiel. Die Schauspieler setzen sich auf die Bühne und schweigen die Zuschauer so lange an, bis diese sich dazu genötigt fühlen, irritiert zu klatschen. Als das Stück dann richtig beginnt, herrscht im Gastraum vollkommene Aufmerksamkeit. Neben der sehr guten Schauspielleistung haben mir vor allem die vielen originellen Ideen gefallen, mit denen man auf dieser kleinen Bühne ein Stück diesen Ausmaßes umsetzt. Da wird zum Beispiel die Nachttischleuchte zum immer wieder aufdringlich klingelnden Telefon und damit im Laufe des Stücks zum Running-Gag. Phasenweise wechseln die Schauspieler binnen Sekunden zwischen drei Rollen gleichzeitig und spielen skurril-witzige Dialoge mit sich selbst und überhaupt braucht es keine aufwendige Tontechnik, um Umgebungsgeräusche zu simulieren, wenn man doch die eigenen Stimmbänder hat. Die selbstironische Sicht auf die eigene Spielweise sorgte für zusätzliche Sympathie gegenüber dem Stück."
(martinbaron.net, blog)

"Solche Probleme kennt man in Naumburg nicht. Dort nimmt die Theatermaschine volle Fahrt auf."
(MDR Figaro)

"Aber wie das vierköpfige Schauspiel-Team (...) unter Pfaffs Regie diese Geschichte umsetzt, ist einfach köstlich und unterscheidet sich grundlegend vom Film-Konzept. (...) Muss doch die Bühnenfassung mit der Hauptfigur und drei weiteren Schauspielern auskommen, die alle anderen Parts übernehmen, und das mit extremem Tempo. Naumburgs Theaterleute setzen dabei darauf, dass das Publikum die angedeuteten Szenen mit Hilfe seiner Fantasie komplettiert – eine Rechnung, die aufgeht. Das ganze lebt von Slapstick-Elementen, die an die selige Zeit des Stummfilms erinnern. Herausgekommen ist bei der Inszenierung weniger eine Komödie als mehr eine lockere Krimi-Parodie, die zu keiner Zeit Langeweile aufkommen lässt."
(Naumburger Tageblatt)

"In der Regie von Martin Pfaff geben sich tatsächlich Figuren, Szenen und Spielorte die Klinke in die Hand, dass es einen schwindelerregende Freude ist. (...) Bei der Geschwindigkeit, die die Regie dafür den gelenkigen Spielern abringt, entsteht erst gar nicht die Versuchung, das Ganze betulich oder gar naturalistisch zu erzählen. Stattdessen: atemberaubender Slapstick, der sich nicht zu schade ist, sich selber zu kommentieren und zu unterbrechen, Szenensprünge, Rollenwechsel, dazwischen als immer wiederkehrendes Motiv ein grünes „Exit“-Schild, das den charmant-verlorenen Protagonisten Richard Hannay (Tobias Weishaupt) nicht zum erlösenden Ausgang, sondern in immer wieder neue Verstrickungen lenkt. Über live modulierte Gewitterstimmung – „Prassel, prassel – Blitz, Blitz, Blitz“ – geht es in einen Showdown, der sich ganz bewusst als solcher inszeniert – und dem Publikum doch den Raum lässt, sich über das formvollendete Happy End zu freuen."
(Theater der Zeit)

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