"Stella"

(Johann Wolfgang von Goethe)

Großes Haus / Landestheater Rudolstadt
Bühne und Kostüme: Brigit Kofmel
Musikalische Mitarbeit: Thomas Voigt
Darsteller: Johannes Arpe, Simon Keel, Anne Kies, Ewa Rataj, Charlotte Ronas
Premiere: 21. März 2009

Fünf Menschen suchen, verlieren, verstoßen und stellen sich in einem Labyrinth aus Ängsten, Gier, Sehnsüchten, Lügen, Unselbständigkeit, Verantwortungsfragen und unterschiedlichen Ansprüchen. Das Chaos ist die beste Zeit. Wieviel Utopie braucht man zum Glücklich-Sein?

"Drei weiße Drehsessel, ein Podest, der zur Bühne wird für englische Songs über gebrochene Herzen und Gefühlschaos. (...) Ein explosives Gemisch aus Liebe und Gier, Träumen und Sehnsüchten, Zweifeln, Verletzungen, Wut und Hass. Was Gastregisseur Martin Pfaff auf die Rudolstädter Bühne bringt, kommt hochemotional daher und wirkt dabei so lebendig und frisch, als sei es erst im Heute geschrieben. Zweifellos, schon darin zeigt sich die Meisterschaft Goethes, der "Stella" 1775 verfasste. Am Sonnabend hob sich für das sprachgewaltige Stück erstmals der Vorhang. Pfaff entwickelt "Stella" zu einem beherzt-konzentrierten Kammerspiel, kongenial ausgestattet von Brigit Kofmel. Nuancenreich lotet der Regisseur die Seelenzustände seiner Figuren aus. Geschickt transportiert er die Fragen des Stücks in die Moderne: Wieviel Sicherheit - seelische und materielle - kann unser heutiges Leben bieten? Wie passt Leidenschaft dazu? Ähnlich der Figuren sucht auch der Zuschauer nach Antworten. Gerade Cäcilie (Charlotte Ronas) und Stella (Ewa Rataj) entwickeln ungeahnte Stärke bei dieser Menage à Trois - schon um ihrer Selbst willen. So erwachsen aus Selbstvorwürfen zumeist Selbsterkenntnisse. Während Fernando (Johannes Arpe) im Bestreben, jeder Frau gerecht zu werden, verzweifelt. Er scheint der Dumme - weil er Verzicht und Gier nicht auf die Reihe kriegt."
(Ostthüringer Zeitung)

"Knecht Karl empfängt im geschlitzten Abendkleid mit einem Lovesong. Er trauert um seinen Gatten. Cäcilie erscheint, eine verlassene Ehefrau. "Du musst ihn vergessen", nölt die Tochter und wird von der Mutter angeherrscht: "Vergessen! Weißt du, was das heißt?" Die beiden wollen zur jungen Baronesse, die ihren Geliebten vermisst. Einfach abgehauen, der Kerl. Aber sie liebt ihn immer noch. "I can"t forget you", haucht der Homo mit geschminkten Lippen ins baumelnde Mikrofon. Eigentlich müsste Karl die Pferde abspannen, doch Goethes "Stella" in Rudolstadt ist anders. Postmeisterei und Landhaus sind einem Raum mit drei modernen Schalensesseln gewichen, den man durch einen weißen Federvorhang betritt. So tauchen die Figuren wie aus der Erinnerung hervor, um sich im Niemandsland zu begegnen. (…) Willkommen im Salon der gebrochenen Herzen! In Goethes "Schauspiel für Liebende", einem eher selten gespielten Frühwerk, geht es um die Liebe als Elementarkraft. Regisseur Martin Pfaff holt den klassischen Dreieckskonflikt - ein Mann steht zwischen zwei Frauen - in die Gegenwart, spielt ihn fantasie- und poesievoll aus."
(Thüringische Landeszeitung)

"Die kammerspielartige Inszenierung auf der kleinen Rudolstädter Bühne hat ihre besten Momente, wenn es zwischen den Darstellern funkt: Lucie und Stella werfen einander verschwörerische Blicke zu und signalisieren in Gesten eine Verbundenheit, die Cäcilie - vorerst - ausschließt. Was soll die verhärmte Mutter auch halten von dem seltsamen Ort, an dem sie gelandet ist: ein als Showstudio getarnter Reinraum für Gefühlsexperimente, leicht verrucht, aber in Unschuldsweiß, mit Federboavorhang, Discokugel und dem Deckenmikro, in das bei Bedarf Pop-Liebeslieder gehaucht werden - was für die wohl noch nie dagewesene Verbindung von Goethe und The Cure sorgt. Zu seinem 177. Todestag kann der Alte das wohl verkraften. Martin Pfaff gestattet den Heldinnen, was ihnen Goethe in dürren Regieanweisungen nicht zubilligte, Heulkrämpfe, Wutausbrüche, Raserei, die sich endlich einmal gegen den Schuldigen richtet."
(Thüringer Allgemeine)

"In Martin Pfaffs erfrischender Lesart des Goethe-Stücks ist alles Altmodische getilgt. Ausstatterin Brigit Kofmel hat die Postmeisterei durch einen Salon mit Federvorhang und drei Schalensesseln ersetzt, über einem Podest baumelt ein Mikrofon für die Gesangseinlagen. Hier, im Niemandsland der Sehnsucht, walten die Elementarkräfte der Liebe in allen Spielarten."
(Theater der Zeit)