"Rette Mich!
Eine Berlin-Expedition"

Kammerbar / Deutsches Theater Berlin
Szenographie und Kostüme: Claudia Rohner
Video: Immanuel Heidrich
Darsteller: Andreas Bisowski, Matthias Deutelmoser, Katrin Klein, Marina Lubrich, Christine Schorn
Premiere: 30. November 2002

Fünf Schauspieler, nachts, im Freien. Premiere im November. Je kälter es draußen ist, desto irrwitziger die Aufführungen. Die Zuschauer beobachten durch eine große Glasscheibe, im Warmen sitzend, wie eine Gruppe von Forschern versucht, sich durch das Dickicht und die (reale) Kälte des postideologischen Berlins zu schlagen und dabei zu erfrieren droht.

"Unser Auftrag: Eine Bestandsaufnahme des Gegenwärtigen. Ausgehend von der Erkenntnis, daß Menschen trotz aller gescheiterten Utopieversuche existieren, unternehmen wir als Suchtrupp eine Expedition ins Reich der Faktizität der Post90erJahre. Kernfragen, die uns Orientierung bieten sollen, lauten: Was besteht? Was bleibt uns übrig? Was ist los?" Oder anders ausgedrückt: "Unsere Pflicht ist es, den Wahnsinn der Gleichzeitigkeit zu ergründen! Die Welt treibt auseinander wie die Fracht eines gekenterten Schiffes auf den Wellen. Wir müssen analysieren, was da an Treibgut durch den Ozean zieht. Und da muß jeder auf seinem Posten sein."

Auf zwei Videoleinwänden werden in Szenenübergängen, geschnitten wie Musikvideos, die Einzelexpeditionen der Wissenschaftler gezeigt: neue Blicke auf die Stadt vor dem Theater. Die Handlung (in Manier der Katastrophenfilme) führt dazu, daß sich der Suchtrupp im Forschungsareal verirrt und die Mitglieder sich teilweise aus den Augen verlieren. Das Ergebnis: Sie treffen: auf sich selbst und nehmen wahr, daß trotz uniformem Auftrag alle (atomisiert in ihre jeweiligen Fachgebiete) an unterschiedlichen (ideologischen) Strängen ziehen. Was sie verbindet: Gereiztheit, Überempfindlichkeit, Hang zur Panik, Ungeduld, Vergeßlichkeit und Ablenkbarkeit.

"Sie (die Forscher) vermitteln diese Gegenwärtigkeit, die analysiert werden soll, durch ihre neurotizistischen Persönlichkeiten. Nichts ist gegenwärtiger als Neurosen. Sie sind da und wenn sie sich auch über die Vergangenheit definieren, betonen sie das Leid und die Lust an der Gegenwärtigkeit des Denkens und Handelns ihrer Träger. (...) Der Witz, der im Stück aufbewahrt ist, fasziniert mich. Und er fängt bereits mit dem Titel und dem Ort der Inszenierung an. Rette Mich! Ein Ich, das sich auf eine Expedition begibt, in der Kammerbar eines sich über die Nation begreifenden Theaters?"
(Hans-Peter Frühauf, ISM )