Ein düsteres Schauermärchen, ein Antimärchen. Es erzählt von einer Welt der Irrwege, voller falscher Werte wie Kampf, Sieg und Lüge. Und es erzählt von der tragischen Ironie, dass die Rechnung nicht aufgeht. Egoismus, Gier nach Geld und Macht und Hybris führen letztlich nur in den Untergang. Keine Figur ist glücklich. Ein durch und durch pazifistisches Mahnmal: Gewalt erzeugt einzig Gegengewalt. Und dabei spüren alle Figuren gleichermaßen: den Schmerz des Krieges. Und ständig steht die Frage im Raum: Warum leben wir nur so?
"Martin Pfaff inszeniert Friedrich Hebbels ‘Nibelungen’ mit einer überzeugenden Schar tragischer Antihelden", schreibt Frank Füllgrabe in der Landeszeitung vom 01.Oktober. "Pfaff hat abgespeckt wo es geht, bei der Charakterisierung der Protagonisten die Schraube noch einmal fest angezogen: Es sind traurige Helden, anfällig für Intrigen, unfähig zur Empathie, gefangen in einem kleinen Kosmos und letztlich zum Scheitern verurteilt. (…) Gespielt wird auf zwei Ebenen, das Bühnenbild (…) ist ausgeräumt, keine düsteren Mauern, nur Projektionsfläche und mystisches Stimmungsbild – Laufstege für die Nibelungen-Models, die hier in ausdrucksvollen Kostümen ihre deformierten Seelen zur Schau stellen. (…) sie bringen mit unerschöpflicher Kraft und in der Sprache Hebbels die Burg einer überlebten Dynastie ins Wanken. Eine Ensemble-Leistung, anerkennender Applaus."
(Landeszeitung)
"Kriemhild überlebt den blutigen Showdown(…). Dass Kriemhild in der Inszenierung von Martin Pfaff am Leben bleibt, ist grausiges Omen auf unsere Zeit – die Gewalt ist noch lange nicht am Ende. (…) Der Abend zeigte eine aufgeweckte Aufführung. Held Siegfried (Jan-Philip Walter Heinzel) ist, im Bewusstsein, dass ihm nichts passieren kann nach dem Drachenblutbad, ein Großmaul in glitzerndem Anzug. Er ist es, der König Gunthers (solide und pragmatisch: Christoph Vetter) Ehrgeiz anstachelt, Brunhild zu besitzen. Der Hagen von Tronje ist bei Phillip Richert gut aufgehoben, er gibt dem wohl größten Verräter nach Judas Profil. - Die Frauen: Stefanie Schwabs Kriemhild mutiert glaubwürdig vom (selbstbewussten) Mädchen, zur liebenden Ehefrau und späteren Rache-Amazone. Die Brunhild von Beate Weidenhammer hat anscheinend statt der ihr nachgesagten Glut Eiszapfen im Blut.
Die Ensembleleistung war insgesamt eine sehr überzeugende, auch wenn nach der Pause die Textverständlichkeit angesichts der anschwellenden Lautstärken ein wenig auf der Strecke blieb. (…) So wird frisch und flink gespielt durch eine energietolle Truppe. Manchmal auch flapsig. Sogar filigran und symbolhaft - wenn Hagen nach dem Mord an Siegfried beispielsweise seine blutigen Hände bis zu Schluss behält. Die Regie führt die Figuren glaubhaft in ihren Beziehungen zueinander; intensiv, wo es sich anbietet auch auftrumpfend, immer mit Gespür und Geschmack. (…) Im Programmheft dieser Inszenierung ist nachzulesen, warum das Haus in Lüneburg „eine solche Lawine humanen Scheiterns auf dem Theater zeigt“. Man postuliere damit eigentlich „eine große Sehnsucht nach Utopie…, weil eine wichtige Funktion von Theater und Kunst überhaupt … nämlich Trauerarbeit (ist)“. - So verstanden ist dieser Abend gelungen, denn es kommen einem eine Menge Fragen auf dem Heimweg. Schließlich hat Kriemhild, die Rächerin, überlebt."
(Magazin Barftgaans)
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