"Das Haus – die Geisterbahn der Sehnsucht"

(Martin Pfaff)

Landestheater Detmold
Szenographie und Kostüme: Petra Mollérus
Musikalische Leitung: Lutz Radmeacher
Choreinstudierung: Francesco Damiani
Studienleitung („Under pressure“): Mathias Mönius
Choreographische Mitarbeit: Gisela Fontarnau i Galea
Mitwirkende: 63 Künstler*innen aus allen Sparten des Landestheaters
Premiere: 15. Juni 2018

Theater zugespitzt. Als Geisterbahn. Dämonische Kräfte zeigen sich uns und erzählen von der Welt. Gewalt, Grusel und die Sehnsucht nach Liebe und Harmonie stehen sich dabei scheinbar unversöhnlich gegenüber. Ein Tag der offenen Tür als Kunstperformance. Ein großer Spaß am Perspektivwechsel. Zuschauer*innen durchqueren aktiv das Theater, geraten teilweise in Räume, die sie nie zuvor gesehen haben. Sie erleben dabei Konstellationen von Künstler*innen, die im konventionellen Theater-Alltag nie zusammen performen. Schauspieler*innen mischen sich mit Tänzer*innen, Sänger*innen mit Schauspieler*innen usw. Das monumentale Satyrspiel zum Ende der Spielzeit feiert noch einmal das Spiel, den Blödsinn, die Frechheit, das Gefühl und die Fantasie.

"Martin Pfaff verlässt zum Spielzeitende das Haus. Als Schauspieldirektor hat er drei Jahre am Landestheater gewirkt. Mit seiner letzten Inszenierung und Eigenproduktion „Das Haus – die Geisterbahn der Sehnsucht“ lässt er es noch einmal richtig krachen. Dabei folgen die Zuschauer einer Einladung dämonischer Kräfte, hinter die Theaterkulissen zu blicken. Ursprünglich war die Produktion nicht als Abschiedsgeschenk geplant, sondern passt zu dem Format “Inszenierungen an ungewöhnlichen Orten“. Fünf Kleingruppen erforschen im Abstand von 30 Minuten das Theaterhaus und erleben immer wieder neue Überraschungen aus ungewöhnlicher Perspektive. Wie in einer Geisterbahn weiß man nicht, was als nächstes kommt. Da blitzt das Rotlicht der Hölle im düsteren Foyer, wo die Kasse erst nach mehrmaligem Klopfen öffnet. Heute sei alles unheimlich, meint eine Besucherin, die im fahlen Licht ihr Geld sucht. Dramaturgin Marie Johannsen begrüßt die Gruppe und weist darauf hin, dass im Haus alles drunter und drüber gehe. Seit drei Tagen sei der Pförtner Herr Roi verschwunden. Die Gäste versichern, die Augen offen zu halten. Im Treppenhaus verleiht ein Streichquartett mit dem Stück „Black Angels“ von George Crumb quietschenden Geistern Laute. Maskiere Dämonen im schwarzen Umhang flankieren die Stufen nach oben. Dort scheuchen zwei Horror-Clowns (…) die Gäste in den schmalen Gang der „Wahrheitspresse“. Derart zusammengepresst singen Megan Marie Hart und Thomas Ehrlichmann den Song „Under Pressure“, den Simone Krampe auf dem Akkordeon begleitet. Es geht wieder abwärts, wo alle Psycho-Baby und –Mutter begegnen und lebende Tote als schreiende Zombies über die Besucher herfallen. (…) Im Salon zieht eine spiritistische Séance mit Madame Roko (Kerstin Klinder) in den Bann. Die Gäste reichen sich die Hände und lassen sich von Harfenmusik (Milena Hoge) inspirieren. Unter dem Tisch kriechen als „Lovers of Eternity“ zwei Balletttänzer (…) hervor und führen einen dämonischen Tabledance auf. So nah saß man den Tanzenden noch nie beim Pas de deux. Mit schallendem Gelächter verlässt Madame Roko den Raum. Es geht in den „Spiegelsaal der Seele“ – auf die Bühne. Als genialer Rollentausch sitzt das Publikum auf der Bühne, während der Opernchor von den illuminierten Rängen herab singt. Als „verrückte Bürger“ vertonen sie in einer Mischung aus Sprechgesang mit Fuge ihre Verrücktheit. In den Katakomben des Orchestergrabens, dem „Bergwerk der Seele“, beeindruckt Balletttänzer Gaetan Chailly als tanzender Kapellmeistermit einer Choreographie nach dem Hit „Diamonds“. Im „Vorhof zur Hölle“ erschrecken „Nonnen des Hasses“, die den Pförtner entführt haben und ihn foltern wollen. Mit gesegneter Papstluft gelingt es, Herrn Roi zu befreien. – Die Premiere kommt bestens an. „Eine tolle Idee, hautnah und unterhaltsam das ganze Theater von allen Seiten kennenzulernen“, meint eine Gruppe. Eine gelungene Spaß-Grusel-Performance jenseits des Repertoiretheaters, in der sich 63 Künstler aller Sparten aus anderer Perspektive zeigen, ist es allemal."
(Lippische Landeszeitung)