"Der Freiheitsbaum"

(nach Nikolaus Müller)

TiP1 / Universität Mainz
Regie und Konzept: Martin Pfaff
Darsteller und Mitarbeiter: Studierende des Instituts für Theaterwissenschaft
Premiere: 25. Juli 2007


"Im Hier und Jetzt der Stadt Mainz 2007 steht das Jubiläum „60 Jahre Rheinland-Pfalz“. Im Rückspiegel der Verdienste und Basis-Werte wird das nachhaltige Verpflichtetsein gegenüber den Freiheitsbestrebungen des Hambacher Festes etwa oder den Reformvorstößen des Landessohnes Freiherr von Stein betont: Freiheit, Demokratie und Brüderlichkeit. Eine theatrale Feld-Studie soll diese Werte auf den Gegenwarts-Prüfstand stellen. Die Kernfragen dabei lauten: Wie leben wir denn? Was ist Illusion (Maske)? Was macht Sinn? Als Ausgangspunkt der theatralen Recherche soll Nikolaus Müllers Drama „Der Freiheitsbaum“ (1793) die Suche nach dem Herzen der Revolution fokussieren. Im „Jakobinertheater sollten alle Masken fallen zugunsten des Nicht-Theaters, i.e. der „Authentizitätsdarstellung“ freier, gleicher und brüderlicher Mainzer Bürgerinnen und Bürger.“ (Friedemann Kreuder) Mit diesem manischen Vorhaben wollen WIR uns offensiv in unterschiedlichen theatralen Operationen auseinander setzen. „Die Arbeit am Nicht-Perfekten (...). Inkonsequenz, Widersprüchlichkeit, formale Heterogenität, Unfertigkeit und Offenheit werden geradezu gesucht.“ (Jens Roselt)"
(Anfangstext)

"Als die Zuschauer im TIP Platz nehmen, läuft ein Film: Acht junge Frauen in weißen Brautkleidern, irgendwo im finstern Keller gang des Philosophicums. Die Kamera begleitet sie, bis sie vorm Publikum stehen. "Wir sind keine Schauspielerinnen, wir sind Theaterwissenschaftlerinnen", stellt eine von ihnen klar. "Wir spielen das Stück nicht, wir erforschen es." Müllers Drama ist nur Ausgangspunkt, um über Werte in unserer heutigen Gesellschaft zu reflektieren - und über das Theater.

Mit den Darstellern des Jakobinertheaters haben die acht Studentinnen und der Student etwas Wesentliches gemeinsam: Sie sind Laien. Sonst dürfte die Aufführung keine Ähnlichkeit mit der im 18. Jahrhundert haben. Das Stück selbst wird vergnüglich überzogen im Zeitraffer durchexerziert. Müllers Vorlage liefert vielmehr Ideen und Assoziationen, die die Studierenden zu einer Collage zusammenführen. Überall Sinnsuche und die Sehnsucht nach einer besseren Welt. Die eine betet, die andere singt Nicoles "Ein bisschen Frieden", eine dritte ist schon abgebrüht und gibt sich als Vermittlerin einer Arbeitsagentur.

Was bedeuten Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit heute? Amüsiert schaut sich das Publikum den Film an, in dem Mainzer Bürger zu Wort kommen. Das Wort Brüderlichkeit bekommt in dem Text über die Gebrüder Bush oder Kaczynski einen anderen Beigeschmack. Da treibt es manch Sinnsuchenden hin zu den Rebellen. Zärtlich umschwärmen die Grazien ein Bild von James Dean, bevor sie in einem wilden Finale zu Nirvana über die Bühne rocken. Und ebenso wild fällt dann am Ende der Applaus aus. "
(Mainzer Allgemeine Zeitung)