"Im Hier und Jetzt der Stadt Mainz 2007 steht das Jubiläum „60 Jahre Rheinland-Pfalz“. Im
Rückspiegel der Verdienste und Basis-Werte wird das nachhaltige Verpflichtetsein gegenüber
den Freiheitsbestrebungen des Hambacher Festes etwa oder den Reformvorstößen des
Landessohnes Freiherr von Stein betont: Freiheit, Demokratie und Brüderlichkeit. Eine
theatrale Feld-Studie soll diese Werte auf den Gegenwarts-Prüfstand stellen. Die Kernfragen
dabei lauten: Wie leben wir denn? Was ist Illusion (Maske)? Was macht Sinn? Als
Ausgangspunkt der theatralen Recherche soll Nikolaus Müllers Drama „Der Freiheitsbaum“
(1793) die Suche nach dem Herzen der Revolution fokussieren. Im „Jakobinertheater sollten
alle Masken fallen zugunsten des Nicht-Theaters, i.e. der „Authentizitätsdarstellung“ freier,
gleicher und brüderlicher Mainzer Bürgerinnen und Bürger.“ (Friedemann Kreuder) Mit
diesem manischen Vorhaben wollen WIR uns offensiv in unterschiedlichen
theatralen Operationen auseinander setzen. „Die Arbeit am Nicht-Perfekten (...).
Inkonsequenz, Widersprüchlichkeit, formale Heterogenität, Unfertigkeit und Offenheit
werden geradezu gesucht.“ (Jens Roselt)"
(Anfangstext)
"Als die Zuschauer im TIP Platz nehmen,
läuft ein Film: Acht junge Frauen in weißen Brautkleidern, irgendwo im finstern Keller
gang des Philosophicums. Die Kamera begleitet sie, bis sie vorm Publikum stehen.
"Wir sind keine Schauspielerinnen, wir sind Theaterwissenschaftlerinnen", stellt
eine von ihnen klar. "Wir spielen das Stück nicht, wir erforschen es." Müllers Drama
ist nur Ausgangspunkt, um über Werte in unserer heutigen Gesellschaft zu reflektieren
- und über das Theater.
Mit den Darstellern des Jakobinertheaters haben die acht Studentinnen und der Student
etwas Wesentliches gemeinsam: Sie sind Laien. Sonst dürfte die Aufführung keine
Ähnlichkeit mit der im 18. Jahrhundert haben. Das Stück selbst wird vergnüglich
überzogen im Zeitraffer durchexerziert. Müllers Vorlage liefert vielmehr Ideen und
Assoziationen, die die Studierenden zu einer Collage zusammenführen. Überall
Sinnsuche und die Sehnsucht nach einer besseren Welt. Die eine betet, die andere
singt Nicoles "Ein bisschen Frieden", eine dritte ist schon abgebrüht und gibt
sich als Vermittlerin einer Arbeitsagentur.
Was bedeuten Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit heute? Amüsiert schaut sich das
Publikum den Film an, in dem Mainzer Bürger zu Wort kommen. Das Wort Brüderlichkeit
bekommt in dem Text über die Gebrüder Bush oder Kaczynski einen anderen Beigeschmack.
Da treibt es manch Sinnsuchenden hin zu den Rebellen. Zärtlich umschwärmen die
Grazien ein Bild von James Dean, bevor sie in einem wilden Finale zu Nirvana über
die Bühne rocken. Und ebenso wild fällt dann am Ende der Applaus aus. "
(Mainzer Allgemeine Zeitung)
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