"Der Diener zweier Herren"

(Carlo Goldoni)

Marientor / Theater Naumburg
Bühne und Kostüme: Anja Kreher
Darsteller*innen: Maribel Dente, Antonio G. Fancellu, Barbara Fressner, Fabian Kloiber; Pia Koch, Marvin Münstermann, Adrien Papritz, Markus Sulzbacher
Premiere: 7. Juni 2019

Chaos in Venedig. 10 unterschiedliche Menschen jagen nach dem Glück. Ein Wimmelbild von Egoisten. Alle sind eitel, verschlagen und unersättlich. Alle sind getrieben von GIER – nach Geld und Status (Pantalone, Clarice, Dottore, Brighella), nach Anerkennung (Silvio), nach Freiheit (Beatrice, Florindo), nach (Über-)Leben (Truffaldino, Smeraldina, Koch) - nach Liebe (alle). – Der Spielort Marientor wird zu einer Assoziation von Venedig. Die Suggestion: Wir befinden uns in Venedig. In der Raumbühne wird überall gespielt und von vier Seiten her zugesehen. Die vierte Wand ist offen. Eine große Zufalls-Gemeinschaft auf der Suche nach dem Glück. Unterschiedliche Menschen vereint im Lachen - über die Macken der anderen und sich selbst.

"Im Marientor hängt frische Wäsche. Laken, Socken und ein blütenweißer Schlüpfer sind hübsch aufgereiht. Als grüne Zierde haben es einige Pflänzchen in das einzig verbliebene Naumburger Stadttor geschafft; zünftig in mediterran anmutenden Terrakotta-Töpfen. Ein Fast-Weltkulturerbe wird zum Weltkulturerbe, der mittelalterliche Bau zur Lagunenstadt Venedig. Auch die zahlreichen Schilder weisen darauf hin, dass sich das Publikum mit dem diesjährigen Sommerstück des Naumburger Theaters „Diener zweier Herren“ aus der Feder des italienischen Dramatikers Carlo Goldoni auf den Stiefel begeben hat; obwohl die Vorstellung mit den Klängen der Hymne „The Show Must Go On“ der legendären britischen Band „Queen“ ihren Lauf nimmt. Es wird in den kommenden zwei Stunden so einige Anspielungen, auch „Queen“-Titel, geben, die in die jüngste Vergangenheit und Gegenwart deuten. Acht Schauspieler schlüpfen unter der Regie von Martin Pfaff in insgesamt elf Rollen, die es für die Komödie bedarf. Ein Stück, das von dem stets hungrigen und gehetzten Diener Truffaldino erzählt, der es mit zwei Herrenaufnimmt, wobei einer wiederum eine Doppelrolle spielt und beide zudem ein Paar sind. Angekommen in Venedig, ist der eine als Mörder auf der Flucht, lässt der/die andere den getöteten Bruder wiederauferstehen, um die Kohle des vermeintlichen Schwiegervaters in spe zu ergaunern. Ein Verwirrspiel par Excellence, das mit vielherrlichem Klamauk und Körpereinsatz gegeben wird. Antonio Gerolamo Fancellu als Diener rackert sich ab und schwitzt für zwei. Mit einen wunderbaren Einstand in das Naumburger Ensemble ist Pia Koch in einer Männer-Frauenrolle als Geschwister Beatrice und Federigo zu erleben. Hingegen geben Markus Sulzbacher als Wirt und Adrien Papritz als Florindo sowie Dottore einen eindrucksvollen Ausstand. Das Ensemble, das mit Barbara Fressner, Marvin Münstermann und Fabian Kloiber drei Gastschauspieler aufgenommen hat, die man gern in Naumburg wiedersehen würde, harmoniert perfekt. Die Zuschauer spüren deren Freude am Spiel und an der präsenten Darstellung der Figuren. Dabei wird das Publikum nicht nur Zeuge des rasanten Geschehens, das sich im Marientor verteilt, sondern auch zu Mitwirkenden, wenn sich der eine oder andere Mime an einer starken Schulter ausheulen muss oder sich kess am Wein oder einem Käsespieß bedient. Es wird gespuckt, geschrien, geweint. Gelacht sowieso. Wer genauer hinschaut, wird die Finessen der Ausstatterin Anja Kreher entdecken: So erinnert Hasenfuß Silvio, der Geliebte von Pantalones Tochter, im karierten Anzug an Benny von der Olsenbande. Darunter trägt er ein kurzes Hemd, das die Vorfreude auf das kommende Kirschfest weckt. Macho Florindo erscheint hingegen als Kopie von „Queen“-Frontmann Freddie Mercury - mit Lederjacke und weißen Jeans. Truffaldinos Socken haben Löcher. Seine Hose ist mehrfach geflickt worden. Doch „Diener zweier Herren“ hat über Tohuwabohu und Schenkelklopfen hinaus ernste Seiten, rückt die Komödie doch das Elend und die Ausbeutung des Prekariats sowie die Unfreiheit der Frau in den Vordergrund. „Als Frau erreiche ich gar nichts, ich will meine Freiheit“, sagt Pantalones Tochter, eindrücklich verkörpert von Maribel Dente, an einer Stelle. Immer wieder von Szenenapplaus begleitet, erhält das Ensemble am Ende langen Beifall, stehende Ovationen und Bravo-Rufe. Und was meinen die Zuschauer: Das Stück habe sie amüsiert und überwältigt, sagt die Naumburgerin Anke Probst. Gudrun Klotz bemerkt vor dem Nachhauseweg: „Es war kurzweilige Unterhaltung. Die Mimik des Dieners war fantastisch.“"
(Naumburger Tageblatt)

"Die Komödie – für deren Kostüme Ausstatterin Anja Kreher die Mode vieler Jahrhunderte zitiert - verfehlt ihre Wirkung beim Publikum nicht. Das liegt am Stück, aber auch an dem Glück, dass das vierköpfige Ensemble – das hier um vier Gäste erweitert wurde – mit Antonio Gerolamo Fancellu einen Italiener in seinen Reihen hat, der den bauernschlauen Truffaldino überzeugend darstellt. Der erhält am Ende aber nicht nur Absolution, sondern auch die kecke Dienerin Smeraldina (Barbara Fressner) zur Frau."
(Mitteldeutsche Zeitung)