"Clavigo"

(Johann Wolfgang von Goethe)

Kammerspiele / Deutsches Theater Berlin
Bühne: Claudia Rohner
Kostüme: Markus Karner
Darsteller: Timo Dierkes, Fabian Gerhardt, Daniela Holtz, Alexander Khuon u.a.
Premiere: 20. März 2005

Ein Kollaps der Spiele mit der Wirklichkeit. Was nutzt überhaupt (radikales) Denken, wenn die anderen sich nur nach (häuslicher) Überschaubarkeit sehnen? "Oh, Clavigo!" Das Stück nicht: als Erzählung vom Untergang des Karrieristen in der Midlife-Crisis mit wertkonservativem Reue-Showdown des im Tode Geläuterten. "Clavigo" als Zerreißprobe des Anything goes. Die Welt der Coolness (Carlos) und die Welt der Verläßlichkeit (Marie) werden überstrapaziert durch einen sehr jungen, neugierigen Mann, der jedem Extrem parallel Wert zuspricht. Doch jede Entflammbarkeit ist nur von kurzer Brenndauer. Alles ist: ablenkbar. Euphorisch ziellos. Marie bleibt auf der Strecke. Clavigo, das schillernde Identitäts-Chamäleon, macht sich gleichermaßen fasziniert und erschrocken über seinen (negativen) Einfluß auf die Wirklichkeit aus dem Staub. Sein wirtschaftliches Polster erlaubt ihm den Fortgang seiner unverbindlichen Diskursjonglage.

"Alexander Khuon (Clavigo). Ein Luftgeist, ein Phantast. Kann mit seinen braunen Locken, dem Charme eines Sonnenkinds schnell Sympathien gewinnen und im nächsten Moment wieder ganz leer werden, ein Melancholiker. Kann hart sein, ein Karrierist, und im nächsten Moment wieder ratlos (..). Häufig sind es die kleinen Gesten: das unauffällige Schnüffeln an der Haut, am Haar seiner Geliebten. Riecht er den Geruch von Armut, Verzweiflung, Krankheit? Kann er sie im wahrsten Wortsinn nicht mehr riechen? Und im nächsten Moment das strahlende Lachen des Glücks beim Wiedersehen, ein Gesicht voller Liebe, offen, ohne Verstellung. Kann man einem solchen Lachen mißtrauen? Doch im nächsten Moment schon ist es erloschen. Martin Pfaffs Inszenierung an den Kammerspielen ist stark in diesen Charakterbildern."
(Der Tagesspiegel)

"Selten war es in den Kammerspielen des Deutschen Theaters so kurzweilig."
(BZ)

Hörbeispiele der Bühnenmusik von Stefan Pinkernell unter HÖREN auf: www.pinkernell.com